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Positionen der deutschen Wirtschaft

  • Der Ost-Ausschuss betrachtet die Modernisierung der russischen Wirtschaft als gemeinsame deutsch-russische Herausforderung und setzt sich daher für eine enge Modernisierungspartnerschaft ein. Voraussetzungen für ein dauerhaftes und vom Weltmarktpreis für Energieträger unabhängiges Wachstum sind neben der Modernisierung auch eine Diversifizierung der russischen Wirtschaft, die Verlängerung der Wertschöpfungsketten in Russland und die Förderung eines breiten Mittelstandes. Dafür braucht Russland mehr Investitionen auch von ausländischen Unternehmen. Voraussetzungen dafür sind eine Liberalisierung und stärkere Privatisierung der russischen Wirtschaft und die Umsetzung internationaler Sicherheits- und Umweltstandards zur Förderung des Transfers von Forschung und Technologie.
     
  • Russland ist ein Teil von Europa. Die deutsche Wirtschaft unterstützt eine Integration Russlands in westliche Strukturen. Ein neues Partnerschafts- und Kooperations¬abkommen (PKA) zwischen Russland und der EU würde die Beziehungen beider Räume auf eine breitere Grundlage stellen. Bezüglich der „Östlichen Partnerschaft“ der EU mit sechs Anrainerstaaten Russlands setzt sich die deutsche Wirtschaft für eine Öffnung des Programms und eine stärkere Einbeziehung Russlands ein. Die deutsche Wirtschaft setzt sich ebenso ausdrücklich für eine Abschaffung der gegenseitigen Visa-Pflicht zwischen EU und Russland sowie für eine Reform der strikten Registrierungsbestimmungen in Russland ein.
     
  • Ein WTO-Beitritt wird die Integration Russlands in die Weltwirtschaft beschleunigen und die Voraussetzung für die Einrichtung einer Freihandelszone mit der EU schaffen. Die mit dem WTO-Beitritt verbundene Anpassung an internationale Standards und Normen wird den Marktzugang erleichtern und zusätzliche Investitionen nach Russland locken. Protektio¬nistische Tendenzen wie die Anhebung der Zölle auf Automobile und Landmaschinen sind der Integration Russlands in den Weltmarkt hinderlich.
     
  • Um die Energiebeziehungen zwischen der EU und Russland auf eine verlässlichere Grundlage zu stellen, ist die Realisierung der Pipeline Nord Stream von hoher Bedeutung. Zudem fordert die deutsche Wirtschaft einen trilateralen Dialog zwischen Russland, der EU und Transitländern. Auf der politischen Ebene sollte ein Umbrella Agreement zwischen Russland, den Transitländern (und hier insbesondere der Ukraine) und der EU möglichst bald abgeschlossen werden, um damit die rechtlichen Rahmenbedingungen für die privatwirtschaftlichen Transit- und Lieferverträge zu verbessern.
     
  • Reformbedarf sehen deutsche Unternehmen in Russland laut einer Umfrage des Ost-Ausschusses vom November 2010 beim Abbau von Bürokratie und Korruption, bei der Beschleunigung von Zollverfahren und der Mittelstandsförderung. Die deutsche Wirtschaft begrüßt es, dass Präsident Medwedew den Aufbau eines funktionierenden Rechtssystems zu einem Hauptziel seiner Amtszeit erklärt hat.
     
  • Die deutsche Wirtschaft hat großes Interesse daran, die strategische Partnerschaft mit Russland weiter auszubauen. Mit der Strategischen Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen gibt es ein gut funktionierendes bilaterales Gremium, das Projekte anstößt und begleitet. Das von Präsident Medwedew initiierte Projekt der Innovationsstadt Skolkowo sollte offensiv von der deutschen Wirtschaft begleitet werden. Weitere Leuchtturm-Projekte für die deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft sind die geplante Privati¬sierung von russischen Staatsbetrieben und die Modernisierung der russischen Gesundheitswirtschaft.
     
  • Sehr gute Voraussetzungen gibt es auch für eine Zusammenarbeit zur Steigerung der Energieeffizienz, zur Entwicklung erneuerbarer Energien und zur Verbesserung des Klimaschutzes in Russland. Bis 2020 soll die Energieeffizienz in Russland um 40 Prozent gesteigert werden. Deutschland ist Weltmarktführer bei grünen Technologien. Durch die Anwendung modernster Technik im Inland gewinnt Russland neue Ressourcen für den Export von Rohstoffen. Von Pilotprojekten wie der gemeinsamen Russisch-Deutschen Energieagentur RuDea und dem Projekt „Energieeffiziente Stadt“ in Jekaterinburg kann eine Signalwirkung für andere Städte und Regionen ausgehen.
     
  • Große gemeinsame Chancen sieht der Ost-Ausschuss auch im Agrarbereich: Russland verfügt mit 120 Millionen Hektar über einen Anteil von neun Prozent an den weltweiten Ackerflächen (bei nur zwei Prozent Anteil an der Weltbevölkerung). Russland kann einen herausragenden Beitrag zur Welternährung leisten. Um diesen Anspruch zu erfüllen, könnte die Zusammenarbeit mit deutschen Produzenten zur Modernisierung der russischen Landwirtschaft und zur Aus- und Weiterbildung von Personal weiter intensiviert werden. Ein erhebliches Potenzial besitzt Russland durch seinen Waldreichtum und die großen Agrarflächen in der Bioenergie, das gemeinsam erschlossen werden kann.
     
  • Der Ost-Ausschuss begrüßt das zunehmende Interesse russischer Firmen am deutschen Markt. Wenn wir von strategischer Partnerschaft sprechen, sollte es bei Handel und Investitionen keine Einbahnstraße geben. Dabei ist klar, dass Unternehmen die Spielregeln des jeweils anderen Landes berücksichtigen müssen. Das gilt für deutsche Unternehmen in Russland genauso wie für russische Unternehmen in Deutschland.